Bergischen Medienabend 2021 – Lokal hinschauen

Bergischer Medienabend 2021

Erster Bergischer Medienabend zu Klima- und Umweltjournalismus in der lokalen Berichterstattung

Klima- und Umweltjournalismus – eines der Top-Themen in der Medienbranche 2021 – stand im Mittelpunkt des ersten zweitägigen digitalen Bergischen Medienabends 2021 am 14. und 15. Dezember 2021. An diesen zwei Tagen ging es um die Frage, wie Berichterstattung zur Klimasituation auf der lokalen Ebene funktionieren und welche Themen man setzen kann. Mit dem zweitägigen Doppelpack mit tollen Referenten am ersten Abend und Praxisbeispielen aus dem Bergischen Land am zweiten hat der BJV zum Jahresende Zeichen gesetzt und ermutigte lokale Medienmacher:innen dazu, langfristige redaktionelle Formate zu entwickeln und Umwelt- und Klimathemen als wichtigen Aspekt in der lokalen Berichterstattung zu verankern.

Wie sagte Gastredner und Metereologe Frank Böttcher in seinem Vortrag am ersten Tag des Bergischen Medienabends 2021: „Einfach ALLE Journalist:innen sind in den kommenden Jahren durch die Langzeitfolgen auch Betroffene durch den Klimawandel.“

Die Botschaft aus dem Bergischen: Jetzt journalistisch aktiv werden und die Klimaberichterstattung keinesfalls ausschließlich nur den großen Magazinen wie TAZ, Stern oder Zeit überlassen. Vielmehr können lokal arbeitende Medienschaffende den Fokus auf regionale Umweltthemen lenken. Sei es der Hochwasserschutz, die Trinkwasserversorgung in den Kommunen durch bestehende Eternit-Rohre, Regenerative Energien, Verkehrswende, klimaschonendes Bauen, Waldsterben, etc..

Netzwerken für Expertenwissen

Nicht immer ist es jedoch einfach, an Hintergrundwissen und O-Töne zu kommen. Sucht man einen speziellen Experten, kann das gerade das Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie (https://wupperinst.org/) ein erster Anlaufpunkt für Journalist:innen sein, so Christin Hasken, Leiterin Kommunikation, Pressesprecherin Wissenschaftliche Dienste.

Sie startete den digitalen Medienabend mit zahlreichen Infos, wie das Institut Journalist:innen unterstützen und auf welche Netzwerke man zurück greifen kann. Nicht nur im Bergischen Land, sondern überregional und international. Das Wuppertal Institut ist bekannt „als internationaler Think Tank für eine impact- und anwendungsorientierte Nachhaltigkeitsforschung.“ Für die eigene Recherche eignen sich zudem verschiedene Instituts-Publikationen zu Umweltthemen, wie beispielsweise über den Kohleausstieg.

Im zweiten Vortrag des Abends stand der Wald im Mittelpunkt, passend zur waldreichen Region des Bergischen Landes. Doch ob das so bleibt ist fraglich. Dr. Torsten Welle, Leiter Wissenschaft und Forschung der Naturwald Akademie (https://naturwald-akademie.org) gab einen Überblick über die Waldverluste in Deutschland. Er stellte in diesem Zusammenhang den sogenannten Waldmonitor (https://map3d.remote-sensing-solutions.de/waldmonitor-deutschland/#) vor, der als interessantes Recherchetool vor Ort gesehen werden kann. Auf Basis von aktuellen Satelliten- und Geodaten kann damit beispielsweise beurteilt werden, wie die Lage des Waldgebietes vor der eigenen Haustür bzw. in den Wäldern in der Region ist.

Zum Abschluss des Abends gab es spannende Einblicke in die Kommunikation vom Wettergeschehen durch Frank Böttcher, Journalist, Meteorologe und Gründer des Extremwetter Kongresses (https://www.youtube.com/c/ExtremWetterKongress/videos). Berichterstattung zum Klimawandel fange schon bei den verwendeten Begriffen an. Er rät, das Wort „Krise“ möglichst in der eigenen Berichterstattung zu vermeiden. Laut Wikipedia-Definition, sei eine Krise im Allgemeinen ein Höhepunkt oder Wendepunkt einer gefährlichen Konfliktentwicklung in einem natürlichen oder sozialen System, dem eine massive und problematische Funktionsstörung über einen gewissen Zeitraum vorausging und der eher kürzer als länger andauert. „Klimawandel wird uns die nächsten 200 Jahre begleiten“, erklärt er. Die Verwendung von Klimakrise bedeute: 200 Jahre Alarmzustand. „Was macht das mit dem Menschen?“, fragt er. Er würde die Begriffe Klimasituation, Klimaentwicklung oder Klimaproblem bevorzugen. Ein weiterer Begriff, der aus seiner Sicht irreführend ist: Statt Erderwärmung sollte man zudem besser von globaler Erwärmung sprechen. Schließlich seien rund 93,4 % der Erde von Wasser bedeckt und nur 2,1 % mit Kontinenten. Und der Eisbär habe dabei als Visualisierung einfach ausgedient.

Klima- und Umweltjournalismus zwischen Verbraucherthemen und Krisenkommunikation

Mit einem lokalen Rückblick auf ein Extremwetterereignis startete der zweite Abend. Was geschah in der Hochwassernacht im Juli 2021 in Wuppertal? Georg Rose, Chefredakteur von Radio Wuppertal: „Wir haben versucht die Menschen da draußen zu warnen und zu informieren. Mit wenig Dramatik, sachlich und ruhig.“ Spannend noch einmal aus erster Hand zu hören, wie der Sendebetrieb aufrecht erhalten wurde bis das Notstromaggregat ausfiel. Der Lokalsender Radio Wuppertal wurde 2021 übrigens mit dem Deutschen Radiopreis ausgezeichnet. Für seine Berichterstattung in jener Nacht im Juli. Der Chefredakteur gab sich eher bescheiden, da auch andere Sender in dieser Notsituation berichtet hätten. In seinen Ausführungen betonte er aber noch einmal, wie dringend ein funktionierendes Warn-System zur Information der Bevölkerung sei und den Stand seiner Initiative Sendeeinheiten von Lokalradios mit Notstromaggregaten auszustatten (mehr zum Thema im DJV-NRW Lokalfunk-Podcas “Auf einer Welle“: https://www.youtube.com/watch?v=sMHK3j94jhM).

Klima- und Umweltjournalismus ist jedoch mehr als nur Krisenkommunikation. Das konnten die Teilnehmenden des Bergischen Medienabends im Anschluss erfahren.

Umweltjournalismus – lokal statt global

Das ein Umweltformat bei lokalen Medien langfristig redaktionelle Bedeutung gewinnen kann, zeigten eindrucksvoll die drei jungen Journalistinnen Katharina Birkenbeul, Valeria Schulte-Niermann und Alexandra Dulinski. Sie haben im Frühjahr 2021 als Volontärinnen, angestellt beim Verlag B.Boll, der Solinger Tageblatt und Remscheider General-Anzeiger herausgibt, das redaktionelle Format „Natürlich nachhaltig“ zu lokalen Klima- und Umweltfragen im Bergischen Land entwickelt und publizieren seit Herbst 2021 ein breite Themenvielfalt, angefangen bei Verbraucher-Tipps bis hin zu Selbstversuche zu umweltfreundlichem Verhalten.

Mehr zum Projekt des ST und RGA finden Sie im DJV-NRW Journal.

Deutschlandweit bespielen derzeit nur wenige Lokal-Redaktionen „Klima und Umwelt“ als feste Rubrik und redaktionelles Format. Ein prominentes Beispiel ist die Saarbrücker Zeitung, aber auch im Zeitungsverbund der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ) werden lokale Umweltformate und Zielgruppenansprachen entwickelt. Auf breiter Basis sind sie in den redaktionellen Alltag aber noch nicht integriert.

Für mehr Klima- und Umweltthemen im Lokalen trommeln

Mit geballtem Expertenwissen in drei Mehrwert-Sessions zu Wald, Wetter und Experten-Netzwerken und angeregter Diskussion, verbunden mit einem Best Practice Beispiel aus der Region zeigte der zweitägige Bergische Medienabend 2021 eines: Es ist möglich, die globale Klimadiskussion auf eine lokale Ebene herunter zu brechen und Themen zu setzen. Wichtig ist im Moment der Erfahrungsaustausch der Kolleg:innen untereinander. Kein Wunder also, dass der Bergische Journalistenverein mit seiner Onlineveranstaltung nicht nur ein regionales, sondern ein deutschlandweites Echo bekam. Im Publikum waren interessierte Besucher:innen aus Nürnberg, München oder Berlin.

Für 2022 sind jedenfalls weitere Online-Veranstaltungen im BJV mit verschiedensten Themen geplant. Darunter natürlich wieder das Dauerthema Klima- und Umweltjournalismus.

Videomitschnitte des ersten digitalen Bergischen Medienabends 2021 finden Sie hier

Zum Autor:
Frank Sonnenberg ist freier Crossmedia Journalist, Fotograf und in der Journalistenausbildung tätig. Er ist Vorsitzender des Bergischen Journalistenvereins (BJV) und auf DJV-Bundesebene stellv. Vorsitzender des FA Online. Im Moment macht er eine Weiterbildung zum Nachhaltigkeitsmanager an der IHK Bildungsakedemie in Mittelfranken.

Hintergrund für die Veranstaltung im Bergischen Land: Bereits im Oktober 2021 war der BJV-Vorsitzende mit dem Thema „Von Global zu Lokal – Nachhaltigkeit und Klima als Themen im Journalismus“ auf der DJV-Digitalkonferenz Besser Online 2021 vertreten (https://www.youtube.com/watch?v=UqcfmA9lN-c).

1999 publizierte er sein erstes Buch „Orcas an der Westküste Kanadas“ zum Thema Waltourismus. Als Azubi erlernte er von 1986-1989 das Augenoptikhandwerk in Wuppertal; in einem der ersten ökologisch ausgerichteten Betriebe in Deutschland.

Links zu den Mitwirkenden:

Wuppertal Institut:
https://wupperinst.org/

Naturwald Akademie:
https://naturwald-akademie.org/

Waldmonitor Deuschland:
https://map3d.remote-sensing-solutions.de/waldmonitor-deutschland/

Frank Böttcher:
https://boettcher.science/

ExtremwetterKongress:
https://www.youtube.com/c/ExtremWetterKongress/videos